No Excuses: Die Gemeinsamkeit von Football-Coach Pete Carroll und dem Schriftsteller George Bernhard
Kürzlich bin ich eher zufällig über die Führungsphilosophie des Football-Coachs Pete Carroll gestolpert. Der im Jahre 1951 in San Francisco geborene Carroll ist eine der erfolgreichsten und charismatischsten Figuren in der National Football League. Seit 2010 ist er Headcoach der Seattle Seahawks, mit denen er zweimal im Final stand und einmal den Super Bowl auch gewinnen konnte.
Carroll hat bei den Seahawks nicht nur seinen Einfluss als Trainer im sportlichen Bereich geltend gemacht, er hat mit seiner Führungsphilosophie die ganze Organisation geprägt. Eine Führungsphilosophie, die sehr nahe jener ist, welche wir im Jahre 2004 in der Infanterie-Offiziersschule eingeführt haben und auch heute noch gelebt wird.
Viel individuelle Freiheit und eine gemeinsame Vision
Er sei ein „Player’s coach“ heisst es in den Medien über Pete Carroll. Der Optimist ist offen für Neues, er lässt seinen Spielern viele individuelle Freiheiten und setzt auf eine gute Stimmung. Gleichzeitig fordert er von allen – nicht nur von den Spielern, sondern von allen Mitarbeitern -, dass sie mit ihm seine „Win forever“ Philosophie teilen. So unterschiedlich die Spieler und Menschen in der Seahawks Organisation auch sind, Carroll vereint sie, in dem sie gemeinsame Werte teilen und diese auch leben. Diesbezüglich ist Carroll erbarmungslos.
Carroll ist überzeugt, dass es seine Rolle als Coach ist, die günstigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass seine Spieler brillieren können. Alle Mitglieder der Organisation: Spieler, Coaches, Materialwart, Abwart, Chauffeure etc müssen realisieren, dass sie einen Teil zum Erfolg beitragen, deshalb müssen alle eine gemeinsame Vision haben. Nur so können sie als Einheit auftreten und gewinnen.
Die Spieler sollen sich vor allem auf ihre Stärken konzentrieren. Carroll verlangt nicht, dass sich die Spieler in ein starres von ihm diktiertes System zwängen lassen. Viel mehr erwartet er, dass jeder Spieler seine Stärken dem Kollektiv zur Verfügung stellt. Jedes Individuum gibt sein bestes für das Team.
Die drei Regeln
Das Fundament seiner Philosophie, welche als eine Pyramide aufgebaut ist, nennt er das Glaubenssystem. In diesem Glaubenssystem formuliert Carroll drei Regeln:
Schütze immer das Team.
Kein Jammern, kein Klagen, keine Ausreden.
Sei frühzeitig.
In diesem Text möchte ich vor allem auf die Regel Nummer zwei eingehen.
Um die Philosophie bei den Mitgliedern der Organisation zu verinnerlichen, liest Carroll mit ihnen auch literarische und philosophische Texte. Anscheinend, müssen die Spieler folgenden Text, der die Regel „Kein Jammern, kein Klagen, keine Ausreden“ untermalt, sogar auswendig lernen.
Gefreut hat mich dies vor allem auch deshalb, weil ich diesen Text ebenfalls jeweils in einer Kommandantenstunde am Samstagmorgen mit den Offiziersaspiranten gelesen und diskutiert habe.
"Dies ist die wahre Freude im Leben, für ein Ziel gebraucht zu werden, das man selbst als gewaltig anerkennt; eine Naturkraft zu sein, statt eines fieberhaften, egoistischen kleinen Bündels von Kränkungen und Beschwerden, das sich beklagt, dass die Welt nicht alles tue, um einen glücklich zu machen.
Ich bin der Meinung, dass mein Leben der gesamten Menschheit gehört und dass es mein Privileg ist, solange ich lebe, für sie zu tun, was immer ich kann.
Ich möchte vollständig aufgebraucht sein, wenn ich sterbe, denn je härter ich arbeite, desto mehr lebe ich. Ich freue mich am Leben seiner selbst willen. Das Leben ist keine 'schnell niederbrennende Kerze' für mich. Es ist eine Art leuchtende Fackel, die ich in der Hand halte, und ich möchte sie so hell wie möglich erstrahlen lassen, bevor ich sie an künftige Generationen weitergeben."
Sich für eine Sache einsetzen
Jeder sollte sich bewusst sein, dass er für etwas gebraucht wird, für etwas, das wichtiger ist als seine persönliche Existenz, für etwas, das auch nach seinem Leben noch Bestand haben wird. Jeder sollte sich deshalb darüber Gedanken machen, für was er sich einsetzen will, für was er seine Fähigkeiten zur Verfügung stellen will. Jeder und jede muss aber selber herausfinden für was es sich lohnt sich einzusetzen. Eines ist aber sicher, jeder hat Stärken, die einer guten Sache dienen können.
Es ist dann auch eine wahre Freude, wenn man eine solche „gute Sache“ gefunden hat und realisiert, dass seine Stärken zur Erreichung dieses übergeordneten Zieles beitragen.
Weg mit der Anspruchshaltung
Viel zu viele Leute haben aber eine Anspruchshaltung, wonach sie das Recht auf dieses und jenes haben. Statt vom Staat und der Gesellschaft immer mehr zu fordern, sollten wir uns aber fragen, was wir tun können, damit die Gesellschaft besser wird. Statt von anderen zu fordern, sollten wir andere unterstützen. Statt andere in negativer Art und Weise zu kritisieren, sollten wir selber versuchen unser Bestes zu geben. Statt nach Ausreden für Fehler zu suchen, sollten wir nach Gründen Ausschau halten, wie wir diese künftig vermeiden können.
Wir sollten uns auch bewusst werden, dass es ein Privileg ist, unsere Fähigkeiten und unsere Ressourcen für ein übergeordnetes Ziel zur Verfügung zu stellen. Wenn wir in unserem Umfeld, innerhalb der Familie, am Arbeitsplatz, im Quartier, im Verein oder sonst irgendwo, etwas Gutes tun, dann machen wir die Welt als Ganzes zu einem besseren Platz. Und eines ist sicher: Jeder Mensch, egal woher er kommt, welchen Bildungshintergrund er hat, welche Erfahrungen er gemacht hat oder welchen sozialen Status er hat, kann durch seine Taten die Welt zu einem besseren Ort machen.
Leben nicht nur "überleben"
Am Schluss unserer Tage sollten wir in der Lage sein auf zahlreiche Taten und Erlebnisse zurückzublicken. Je mehr wir tun, je mehr wir versuchen, desto mehr leben wir. Es ist wie es Polo Hofer mit seiner Band Rumpelstilz im Lied „Rote Wy“ singt:
„I bi ufgstande hüt u i ha no nüd rächts da, wie cha i de am Abe öbis z’verzelle ha?“ (Ich bin aufgestanden und habe seither noch nichts getan, wie kann ich so nur am Abend etwas zu erzählen haben?“
Wer nichts tut, nichts wagt, nichts versucht zu bewegen, der wird am Schluss auch nichts zu erzählen haben. Wer nichts zu erzählen hat, der hat auch nicht vollumfänglich gelebt, sondern eher „überlebt“. Man bereut nie, wenn man sich voll für etwas eingesetzt hat, sondern nur, wenn man sich rückblickend eingestehen muss, man hätte mehr tun können.
Jeder kann eine Inspiration sein
Die Idee, dass das Leben keine langsam niederbrennende Kerze ist, sondern eine leuchtende Fackel, die nicht ausgeht, sondern an die nächste Generation weitergegeben wird, finde ich wunderschön. Es zeigt, dass unsere Taten von Bedeutung sind, nicht nur im Hier und Jetzt, sondern über unser Dasein hinaus.
Jeder von uns kann eine Inspiration sein für heutige und künftige Generationen, jeder kann durch seine Taten diese Welt schrittweise verbessern. Egal welche Rolle wir innehaben, sei es als Chef, Arbeitnehmer, Mutter oder Vater, Schwester oder Bruder, Teammitglied, Coach, Vereinsvorstand, Nachbar etc. oder einfach als Bürger. Wenn wir uns die Worte von George Bernhard Shaw zu Herzen nehmen, dann werden wir massgeblich zum Erfolg beitragen.
Denn eines ist sicher: Kein Jammern, kein Klagen und auch keine Ausreden werden jemals zum Erfolg führen!
Weiterführende Quellen: