Ein Trick für ein besseres Zusammenleben
Es gibt einen einfachen Trick, wie wir unsere zwischenmenschlichen Beziehungen verbessern können, sei es innerhalb der Familie, mit unserem Partner, am Arbeitsplatz oder generell mit unseren Mitmenschen. Wenn wir uns diesen Trick zu eigen machen, dann können wir damit auch der zunehmenden Spaltung der Gesellschaft entgegenwirken.
Wir alle verspüren momentan, dass eine Polarisierung der Gesellschaft stattfindet. Besonders deutlich kommt diese Entzweiung rund um die Diskussion um die staatliche Einflussnahme im Zusammenhang mit den Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-Pandemie zum Ausdruck.
Meines Erachtens hat sich die innergesellschaftliche Polarisierung aber schon seit rund drei Jahrzehnten abgezeichnet.
Während die Welt vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion in zwei Lager gespalten war, verlagerte sich diese Spaltung weg vom globalen hin zum innergesellschaftlichen Raum.
Während dem kalten Krieg war man innerhalb der Gesellschaft durch die gemeinsame Bedrohung vereint.
Egal ob alt oder jung, reich oder arm, gebildet oder ungebildet, Stadt oder Landbevölkerung, politisch eher links- oder eher rechtsstehend, die Bedrohung war für alle gleich. Jeder und jede wusste, dass Bomben nicht diskriminieren.
Es ist ein bekanntes Phänomen, das Bedrohungen und Notsituationen wie Naturkatastrophen die Menschen zusammenbringen, Barrieren abbauen, die Hilfsbereitschaft und die Solidarität in uns wecken und zwar ganz ohne staatlichen Zwang.
Dieses Gefühl hatte ich auch zu Beginn der Covid-Pandemie verspürt. Doch dies ist längst verflogen.
Wieso wirkt denn die Covid-Krise nicht ähnlich verbindend wie zum Beispiel die Bedrohung des Kalten Krieges oder eine Naturkatastrophe?
Meines Erachtens hängt es damit zusammen, dass die Covid-Pandemie zu wenig fassbar und schlussendlich dadurch auch zu wenig bedrohlich wirkt.
Das heisst nicht, dass vom Corona-Virus keine Gefahr ausgeht. Die Gefahr ist aber weit weniger augenscheinlich und wird weniger unmittelbar lebensbedrohlich wahrgenommen als ein riesiges Atomwaffen-Arsenal, eine Überschwemmung oder ein Bergrutsch.
Wenn wir durch eine Naturkatastrophe dem Erdboden gleichgemachte Häuser, obdachlose Menschen und eine zerstörte Natur sehen, dann ist dies eine handfeste Tatsache, die sich nicht leugnen lässt, genauso wie jeder Zeit abschussbereite Nuklearsprengköpfe, die gegen uns gerichtet sind.
Wenn eine Bedrohung aber eher unscheinbar und verborgen ist, wie zum Beispiel ein Virus, Hackerangriffe, Umweltverschmutzung, ungesunde Ernährung u.s.w. dann wird das Wissen über die Bedrohung durch den mehr oder weniger starken Glauben an die Bedrohung ersetzt.
Ob und was wir Glauben hängt in starkem Masse von unserer Persönlichkeit, unserem Wertesystem, unserer Lebenssituation aber auch von unseren Erfahrungen ab.
So bin ich der Ansicht, dass die Polarisierung der Gesellschaft, die zunehmende Intoleranz gegenüber Andersdenkenden, die zunehmende Überzeugung, dass die eigne moralische Wertevorstellung, die einzig richtigen ist und die Tendenz der Diffamierung aber auch Legitimation von Gewaltanwendung gegenüber Menschen, die eine andere Denkweise haben, gefährlicher ist als Covid, Terrorismus oder den Klimawandel.
Dies gesagt, betone ich aber noch einmal, dass diese meine Ansicht ist. Es ist das, was ich glaube.
Wenn ich etwas glaube, so bedeutet dies, dass ich es nicht weiss. Je geringer nämlich das Wissen, desto grösser der Glaube.
Meine Ansichten, mein Glaube sind das Resultat meines Denkens, meiner Erfahrungen, meiner Analysen und meines Wissens. Genauso ist es auch bei jenen Menschen, die eine andere Meinung haben als ich.
Bin ich jetzt aber ein besserer Mensch als jene, die zu einer anderen Schlussfolgerung kommen als ich? Die Antwort sollte klar sein.
Es zeugt schon von enormer Selbstherrlichkeit und Arroganz, wenn man das Gefühl hat, man sei anderen Menschen überlegen, zum Beispiel weil man eine höhere Bildung, eine andere Hautfarbe hat oder irgendeine Funktion bekleidet.
Ich bin überzeugt, dass ganz viele Menschen, unabhängig von ihrer politischen Gesinnung, ihrer religiösen Ausrichtung, der Hautfarbe, des Geschlechts u.s.w. langsam genug haben von der gesellschaftlichen Spaltung.
Die Frage ist, was können wir dagegen tun?
Vielfach wird behauptet, dass es die Sozialen Medien sind, welche für die Entzweiung der Gesellschaft verantwortlich sind.
Es ist meine Meinung, dass die Sozialen Medien nicht die Ursache für die Spaltung sind. Die Sozialen Medien dienen vielmehr als Beschleuniger der Polarisierung indem sie die Plattform zur Verbreitung von unüberlegten und zum Teil hasserfüllten Äusserungen bieten.
Schuld haben aber vielmehr wir Menschen. Es ist wie bei allem. Es sind nicht die Waffen, die Menschen töten, es sind die Menschen, welche die Waffen zum Töten brauchen. Es sind nicht die Drogen, der Alkohol oder der Zucker, welche die Menschen krank machen, es sind die Menschen, welche diese Dinge im Übermass konsumieren.
Falsch ist es auch zu behaupten, dass für die Polarisierung nur die anderen verantwortlich sind.
Wer mit dem Finger auf gewisse Kreise zeigt und diesen die Schuld für die gesellschaftliche Spaltung zuschiebt, treibt diese Spaltung selbst voran. Selbstherrliche, moralisierende Besserwisser helfen nicht die Situation zu verbessern, im Gegenteil sie wirken als Brandbeschleuniger.
Wenn wir also etwas ändern wollen, dann müssen wir zuerst bei uns selbst anfangen. Und meine Damen und Herren, dies ist meiner Meinung nach, gar nicht so schwierig!
Wir Menschen sind soziale Wesen. Wir sind, im Gegensatz zu anderen Lebewesen, kaum in der Lage selbständig zu überleben. Wohl kein Mensch ist vollumfänglich autark. Jeder von uns nutzt Dienstleistungen und Produkte, welche von anderen Menschen erbracht oder hergestellt werden. Wir sind eigentlich auf Gedeih und Verderben aufeinander angewiesen.
Rationell gesehen, müssten wir somit alles daransetzen, dass wir untereinander möglichst gute Beziehungen pflegen. Statt zu dividieren, sollten wir im Sinne der Existenzsicherung versuchen uns gegenseitig zu respektieren.
Aus der psychologischen Forschung weiss man auch, dass unser Glückgefühl, unsere Zufriedenheit dadurch beeinflusst wird, wie stark unsere Verbundenheit zu einer Gemeinschaft ist. Wenn wir erfüllende Beziehungen haben - in der Familie, in der Nachbarschaft, im Freundeskreis, im Verein oder am Arbeitsplatz - fühlen wir uns glücklicher.
Der Wunsch glücklich zu sein haben kulturübergreifend alle Menschen miteinander gemeinsam.
Ich habe in meinem Leben noch niemanden erlebt, der ein Leben voller Unzufriedenheit anstrebte. In diesem Sinne habe ich auch noch nie jemanden erlebt, der absichtlich eine Handlung vollzogen hat, von der er wusste, dass diese Handlung für ihn negative Folgen haben wird.
Jeder Entscheid, den wir fällen, jede Handlung, die wir unternehmen, hat zum Ziel, dass sie uns helfen ein zufriedenes Leben zu führen.
Wenn wir uns diese Tatsache, dass Menschen in guter Absicht handeln, stets vor Augen halten, dann könnten wir viele Konflikte und schlussendlich auch eine Spaltung der Gesellschaft verhindern.
Es ist ein absolut einfacher Trick: Gehen Sie bei allem, was die anderen Menschen tun davon aus, dass sie es nicht in böswilliger Absicht tun. Gehen Sie davon aus, dass die andersdenkenden Menschen ebenso ein positives Ziel anstreben, wie sie selbst es tun.
Dieses Prinzip wende ich persönlich überall an wo ich mit Menschen zu tun habe, im privaten Umfeld, bei der Arbeit, in der Politik oder auch im Verein.
Natürlich erlebe ich in sämtlichen Bereichen Verhaltensweisen, die nicht meinen Vorstellungen entsprechen. Ich bin mir auch sicher, dass auch mein Verhalten nicht immer den Vorstellungen und Erwartungen meiner Mitmenschen entspricht.
Statt mich aber zu stark zu ärgern, gehe ich zuerst mal davon aus, dass die Person in bester Absicht gehandelt hat. Das bedeutet, dass ich, egal was die andere Person sagt oder tut, nicht sofort urteile, sondern davonausgehe, dass sie es gut meint und ihren Möglichkeiten entsprechend ihr Bestes tut.
Gleichzeitig muss ich mir immer bewusst sein, dass es auch die Möglichkeit gibt, dass ich selbst, trotz meiner guten Absicht, falsch liegen könnte. Es gibt wohl niemanden, der fehlerfrei durch das Leben geht.
Man sollte also immer auch davonausgehen, dass die andersdenkende Person recht haben könnte. Deshalb sollten wir einander zuhören, statt uns gegenseitig zu verunglimpfen, zu beschimpfen und lächerlich machen. Gleichzeitig sollten wir uns selbst nicht zu ernst nehmen und etwas bescheidener sein.
Wenn wir annehmen, dass alle Menschen in bester Absicht handeln, dann fällt es uns viel schwerer Hass gegenüber anders denkenden oder anders handelnden Menschen zu entwickeln.
Im kantonalen Parlament gibt es Mitglieder, deren politische Meinung 180 Grad von meiner verschieden ist, trotzdem habe ich mit diesen ein sehr gutes Verhältnis. Einer derjenigen Parlamentarier, den ich als Mensch sehr schätze, hatte bei der Online Wahlempfehlung von Smartvote die geringste politische Überschneidung mit mir.
Was ich damit aufzeigen will, ist, dass es absurd ist, Menschen wegen unterschiedlichen Meinungen, unterschiedlichen Lebensstilen oder sonstigen Unterschieden zu hassen.
Ich will damit nicht sagen, dass man jede Handlung zu akzeptieren hat. Wenn jemand eine offensichtlich unmoralische Handlung mit negativen Folgen für andere Menschen, Tiere oder die Umwelt vollzieht, dann darf man nicht nur, dann sollte man auch intervenieren.
Kürzlich beobachtete ich zwei Jugendliche, wie sie ihren McDonald’s Abfall auf ein Feld hinauswarfen. Ich stoppte meinen Wagen und massregelte die zwei ca. 18jährigen Männer. Die beiden sammelten den Abfall brav wieder zusammen, und gingen auf meinen Befehl hin zurück zum Restaurant und entsorgten den Abfall in einem Abfalleimer. Ich fragte sie dann, ob es in ihren Augen eine dumme Handlung war, den Abfall einfach auf ein Feld zu werfen. Sie bejahten dies. Und genau das war es. Es war keine bösartige, sondern eine dumme Handlung.
Wenn man also beim besten Willen keine gute Absicht in einer Handlung erkennen kann, dann lässt sich diese Handlung durch mangelndes Wissen oder einfach Dummheit erklären.
Diesbezüglich gibt es folgendes Sprichwort, dass als «Hanlon’s Razor» bekannt ist:
„Schreibe nicht der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist»
Und Hand aufs Herz: Wer hat noch nie eine Dummheit gemacht?
«Mein Vater war ein absolut wunderbarer Mensch. Von ihm habe ich gelernt, immer von positiven Absichten auszugehen. Was auch immer jemand sagt oder tut, nimm an, dass die Person eine positive Absicht verfolgt. Wenn Sie das tun, dann werden Sie mit Erstaunen feststellen, wie sich Ihre gesamte Haltung gegenüber einer Person oder einem Problem verändert. Wenn Sie von einer negativen Absicht ausgehen, werden Sie wütend. Wenn Sie aber eine positive Absicht annehmen, können sie diese Wut ablegen. Dadurch steigt Ihr emotionaler Quotient, und Sie verhindern, mehr oder weniger willkürlich zu reagieren.
Wer von einer positiven Absicht ausgeht, reagiert nicht defensiv. Statt zu schreien und zu schimpfen, versucht man zu verstehen und zuzuhören. Statt zu verurteilen, geht man davon aus, dass die anderen vielleicht etwas sagen, das ich nicht höre.
Von einer positiven Absicht der anderen Menschen auszugehen, war somit der wichtigste Ratschlag, den ich je bekommen habe», so Indra Nooyi, ehemalige Chefin von PepsCo.
Also, versuchen Sie doch künftig anzunehmen, dass Ihre Mitmenschen in guter Absicht handeln.
Versuchen Sie davon auszugehen, dass ihre Mitmenschen grundsätzlich richtig handeln wollen.
So wie Sie selbst, sind die anderen Menschen auch davon überzeugt nach bestem Wissen und Gewissen zu handeln.
Versuchen Sie die anderen zu verstehen, statt voreilig zu verurteilen.
Seien Sie auch der eigenen Fehlbarkeit bewusst. Nur weil ich etwas mit meinem heutigen Wissensstand für richtig empfinde, heisst dies noch lange nicht, dass es auch tatsächlich richtig ist.
Wenn andere Menschen Fehler machen oder offensichtlich schlechte Handlungen vollziehen, Handlungen, denen beim besten Willen keine gute Absicht zugeordnet werden kann, dann gehen Sie davon aus, dass diese Handlung eher mit Dummheit, fehlendem Wissen oder mangelnder Befähigung, statt mit Böswilligkeit zu erklären ist.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir, wenn wir diese Technik, der Annahme einer positiven Absicht, konsequent in unserem Leben umsetzen würden, wir massiv weniger Konflikte, weniger Hass und weniger Spaltung hätten.
Nicht nur in unserer Gesellschaft, sondern auch in der Ehe, am Arbeitsplatz und generell in unserem zwischenmenschlichen Zusammenleben.
So, das wärs. Ich hoffe, ich konnte Euch ein wenig zum Nachdenken anregen.
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Dies motiviert extrem!! Herzlichen Dank an all die grosszügigen Spenderinnen und Spender!
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