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Fünf Take Aways aus “Unreasonable Hospitality” von Will Guidara


In diesem Artikel schreibe ich über das Buch «Unreasonable Hospitality» von Will Guidara, das im Oktober 2022 in englischer Sprache erschienen ist. Hätte ich die Möglichkeit gehabt, dieses Buch vor 30 Jahren zu lesen, ich weiss nicht, ob ich dann nicht eine Karriere im Hotel- und Gastgewerbe eingeschlagen hätte, statt Berufssoldat zu werden. Jedenfalls ist dieses Buch meiner Meinung nach eines der besten und unterhaltsamsten Führungsbücher, die ich in den letzten Jahren gelesen habe. Das Buch hat mir so gut gefallen, dass ich gleich mehrere gekauft habe, um sie unter meinen Freunden zu verschenken.


Will Guidara war sechsundzwanzig, als er die Leitung des Eleven Madison Park übernahm, einer angeschlagenen Zwei-Sterne-Brasserie in New York. Elf Jahre später waren Will Guidara und sein Partner, der Schweizer Küchenchef Daniel Humm, dann aber an der Spitze. Das Eleven Madison Park wurde 2017 zum besten Restaurant der Welt gekürt.



In seinem Buch schildert Guidara den Weg an die Spitze. Er serviert uns ein wunderbares Gericht von Führungslektionen. Das Buch ist voller Weisheiten über Leadership und Business.


Und das Buch ist auch ziemlich inspirierend. Während ich das Buch las, hatte ich plötzlich das Bedürfnis, für meine Familie einen Tisch im Bellevue Palace in Bern zu reservieren, um dort einen Sonntagsbrunch zu essen. Und eines ist ebenfalls sicher, wenn ich das nächste Mal nach New York fahre, werde ich im Eleven Madison Park essen gehen.


Wie auch immer, ich habe mich darauf beschränkt, Ihnen nachfolgend fünf Take Aways von "Unreasonable Hospitality" zu präsentieren.



Aber glauben Sie mir, es reicht nicht aus, diesen Text zu lesen. Sie sollten wirklich das ganze Buch lesen.


Fünf ausgewählte Take Aways des Buchs «Unreasonable Hospitality» von Will Guidara.


1. Regeln hinterfragen


In allen Berufsfeldern gibt es ungeschriebene Regeln dafür, wie bestimmte Dinge zu tun sind. Es sind die Dinge, die so gemacht werden, wie sie gemacht werden, weil sie schon immer so gemacht wurden und niemand sie in Frage stellt. Bis dann ein Aussenstehender kommt, der in seiner Naivität fragt, warum es so gemacht wird. Und dann schauen alle den Fragenden erstaunt an, bis jemand sagt: "Weil wir das eben so machen..."


Will Guidara wurde als Kellner einmal in einem Nobelrestaurant von seinem Chef gemassregelt, weil er bei einer Konversation mit einem Gast mit der Hand den Tisch berührt hatte.


Es sei ein klarer Verstoss gegen die gehobene Tischkultur, wenn ein Kellner den Tisch berührt, so sein Chef.


Der neugierige Will wollte den Grund für diese Regel wissen. Die Antwort des enervierten Chefs: "Ich weiss nicht, warum, wir tun es einfach nicht. Wir machen das einfach nicht."


Für Will war dies ein Schlüsselmoment.


Natürlich kann man gut in etwas werden, wenn man blindlings Regeln befolgt und diese vorgeschriebenen Verhaltensweisen immer und immer wieder anwendet. Aber wenn man unhinterfragt die Regeln befolgt, wird es nie eine Weiterentwicklung geben.


Man stelle sich zum Beispiel vor, der Amerikaner Dick Fosbury hätte die Hochsprungtechnik nie hinterfragt, dann hätte er bei den olympischen Spielen in Mexiko 1968 kaum die Goldmedaille geholt und auf keinen Fall den Hochsprung-Sport mit dem Fosbury-Flop, bei dem der Springer die Latte rückwärts überquer, revolutioniert und weitergebracht.


Damit wir uns egal in welchem Feld wir tätig sind verbessern können, müssen wir uns gemäss Will Guidara immer wieder fragen: «Bringt uns diese Regel unserem eigentlichen Ziel näher?»


Wenn nicht, dann ist es an der Zeit die Regel sofort aufzuheben oder zu brechen. Meinen Kindern und meinen Offiziersanwärtern habe ich immer gesagt: «Dumme Regeln sind dazu da, um gebrochen zu werden.»



2. Positive Emotionen schaffen


Mit einem Zitat von Maya Angelou bringt Will Guidara eine wesentliche Erkenntnis der menschlichen Interaktion zum Ausdruck:


«Ich habe gelernt, dass die Leute vergessen, was Sie ihnen gesagt haben, die Leute vergessen auch, was Sie ihnen getan haben, aber Sie vergessen nie, wie sie sich bei Ihnen gefühlt haben.»


Jeder Mensch, dem Sie begegnen, ist auf seine Weise einzigartig. Was aber alle Menschen gemeinsam haben, ist, dass sie Anerkennung suchen. Jede Person möchte als ein wertvoller Teil der Gesellschaft wahrgenommen werden.


Das ist evolutionspsychologisch erklärbar, denn in der Frühzeit der Menschheitsgeschichte konnten die Menschen nur innerhalb ihres Stammes überleben. Wurde ein Mensch ausgeschlossen, bedeutete das sein Todesurteil.


So ist jedes Zeichen der Bewunderung und Anerkennung, dass uns andere Menschen geben, ein Beweis dafür, dass wir ein geschätztes und nützliches Mitglied der Gesellschaft sind.


Wenn wir also einem Menschen zu verstehen geben, dass wir ihn wahrnehmen und wertschätzen, dann schafft dies positive Emotionen und somit die Grundlage für den Aufbau einer guten Beziehung.


Egal in welchem Zusammenhang wir mit Menschen interagieren, es ist immer besser, wenn wir eine Situation kreieren, wo sich die anderen wohl fühlen.


Wir können das was wir tun absolut perfekt ausführen, wenn wir aber keine Emotionen erwecken können, wird unser Tun nicht in Erinnerung bleiben.


Denken Sie an Ihren Lieblingslehrer, was hat ihn von den anderen unterschieden? Hatte er das meiste Wissen? War es diejenige Lehrerin, die die beste Ausbildung hatte? Oder war es derjenige, der in der Lage war, eine positive Atmosphäre zu schaffen, der fesselnd war und alle Schüler mit demselben Respekt behandelte?


Denken Sie einmal darüber nach.


Wie entscheiden Sie, welchen Zahnarzt oder Finanzberater Sie wählen?


Warum gehen Sie immer wieder zu demselben Autoverkäufer?


Und gehen Sie lieber erneut in ein Restaurant, das sehr gutes Essen serviert, aber unfreundliches Personal hat, oder in ein Restaurant, das mittelmäßiges Essen serviert, aber ausgezeichnete Gastfreundschaft bietet?


Seien Sie ehrlich: Wenn Sie kein Experte sind, können Sie nicht wirklich beurteilen, wie gut ein Zahnarzt oder ein Finanzberater technisch wirklich ist. Aber was jeder von uns beurteilen kann, ist, wie man sich beim Zahnarzt oder beim Finanzberater gefühlt hat, was für eine Stimmung er oder sie geschaffen hat.


Sie werden auch nicht zu einer unfreundlichen, mürrischen Autoverkäuferin zurückgehen, selbst wenn das Auto, das sie Ihnen verkauft hat, einwandfrei war.


Und wenn Sie in einem Restaurant einen schrecklichen Service erlebt haben, werden Sie nicht wieder hingehen, selbst wenn das Essen gut war. Andererseits beurteilen Sie ein mittelmässiges Essen viel besser, wenn Sie vom Personal hervorragend behandelt wurden.


Gastfreundschaft ist nicht nur im Restaurant- und Hotelgewerbe von entscheidender Bedeutung. Sie ist in allen Berufen von grösster Bedeutung.


Ich gehe sogar noch weiter: Gastfreundschaft ist ein entscheidender Faktor für das Zusammenleben der Menschen und für ein glückliches und erfolgreiches Leben.


3. Setzen Sie zuerst Ihre eigene Sauerstoffmaske auf


Bei der Sicherheitseinweisung im Flugzeug vor dem Start werden wir immer daran erinnert, dass wir im Notfall zuerst unsere eigene Sauerstoffmaske aufsetzen sollten, bevor wir anderen helfen.


Für Will Guidara war diese Anweisung zuerst widersinnig. Wenn man sich selbst hilft, kann man anderen nicht helfen, so seine Überlegung. Vor allem im Gastgewerbe stehen doch die Bedürfnisse der Kunden an erster Stelle, dachte Will. Doch als er begann darüber zu reflektieren, kam er zu einer anderen Einsicht.


"Stolz und Ehrgeiz motivierten uns dazu, uns anzustrengen, zu optimieren, härter zu arbeiten und jeden Tag mehr von uns selbst und den Menschen um uns herum zu verlangen. Aber man kann nicht endlos aus seinem eigenen Krug schöpfen, ohne jemals anzuhalten, um ihn wieder aufzufüllen", so Will.


In vielen Berufen ist es nicht nur eine schlechte Angewohnheit, so viel wie möglich zu arbeiten und keine Schwäche zu zeigen, sondern es ist ein Ehrenzeichen. Viele Menschen halten es für bewundernswert, wenn jemand um 6 Uhr morgens im Büro ist und erst spät abends nach Hause geht. Es gibt ganze Heerscharen von Managern, die damit prahlen, dass sie nur vier Stunden pro Nacht schlafen.


Beim Militär, wo ich arbeite, gibt es einige gängige Sprüche wie: "Es gibt nur Lösungen und keine Probleme", "Nein ist keine Option" oder "Du kannst schlafen, wenn du tot bist". Diese Bereitschaft, alles zu erzwingen und die Zitrone bis zum Äussersten auszupressen, ist meiner Meinung nach einer der größten Fehler, den Führungskräfte machen, mich eingeschlossen.


Auch ich bin schuldig, zu glauben, dass ich derjenige sein muss, der die Dinge in Gang bringt, der dafür sorgt, dass die Dinge zu Ende gebracht werden, und der glaubt verpflichtet zu sein andere ständig zu unterstützen.


Ich denke, es ist eine ehrenwerte Tugend, ritterlich zu sein und die Bedürfnisse anderer über die eigenen zu stellen. Aber je ausgelaugter man wird, je ungesünder man lebt, desto weniger ist man in der Lage, anderen zu helfen. Um sich also um andere kümmern zu können, muss man sich zuerst um sich selbst kümmern.


Wir brauchen ausreichend Schlaf, wir sollten uns regelmässig eine Auszeit nehmen, wir sollten uns Zeit zum Lesen und für Sport nehmen und wir sollten Zeit mit unseren Lieben verbringen.


Will Guidara hat damit begonnen, seine Mitarbeiter zu motivieren und ihnen Zeit zum Durchatmen und Auftanken zu geben, weil er weiss, dass sie nur dann konstant Leistung bringen können.



4. Die verborgene Stärke finden


Ich bin der Meinung, dass jeder Mensch sowohl Stärken als auch Schwächen hat. Jede Person hat einen verborgenen Schatz, etwas, das ihn zu einem aussergewöhnlichen Gewinn für das Team macht.


Einmal konnte ich eine starke und talentierte Eishockeymannschaft während einem internationalen Turnier beobachten. Es gab einen Spieler, der während der Spiele nur wenige Minuten, manchmal gar nicht zum Einsatz kam, aber er war ein grosser Motivator auf der Bank und in der Umkleidekabine.


Würde man nur die Statistiken betrachten, käme man zu dem Schluss, dass dieser Spieler das unwichtigste Mitglied der Mannschaft war, aber das war überhaupt nicht der Fall. Mit seiner Persönlichkeit, seinem Enthusiasmus und seiner Einstellung war er ein Eckpfeiler der Mannschaft und ein Grund für ihre guten Leistungen.


Will Guidara sagt: "Die Verantwortung einer Führungskraft besteht darin, die Stärken der Menschen in ihrem Team zu erkennen, egal wie versteckt diese Stärken auch sein mögen."


Um das tun zu können, muss man seine Mitarbeiter kennen lernen. Wie viele Chefs gibt es, die keine Zeit mit ihren Mitarbeitern verbringen, Chefs, die keine Ahnung haben, was die Hobbys und Leidenschaften ihrer Mitarbeiter sind. Viele kennen nicht einmal deren Namen.


Als Will die Talente seiner Mitarbeiter herausfand, setzte er sie entsprechend ihrer Talente ein. Und plötzlich war sein Restaurant voll von hoch motivierten, genialen Teammitgliedern.



5. Sei unvernünftig


Vielleicht haben Sie auch schon einmal die folgende Situation erlebt. Sie haben eine Idee, von der Sie denken, dass sie grossartig ist. Voller Enthusiasmus erzählen Sie Ihrem Team oder Ihren Kollegen von Ihrer Vision. Doch statt einer ermutigenden Reaktion ziehen die Leute die Augenbrauen hoch und sagen Ihnen, dass Ihre Idee nicht realisierbar und völlig unvernünftig ist.

Der Fall ist abgeschlossen, das Gespräch beendet.


Will Guidara fordert uns auf, uns nicht von Leuten entmutigen zu lassen, die uns sagen, wie unvernünftig wir sind. Das Gegenteil sollte der Fall sein, es sollte uns motivieren, loszulegen.

Und warum?


"Weil niemand, der jemals das Spiel verändert hat, dies getan hat, indem er vernünftig war", so Will und er fährt fort: "Schauen Sie sich jede Disziplin an, jeden Bereich: Sport, Unterhaltung, Technologie, Finanzen - man muss unvernünftig sein, um eine Welt zu sehen, die noch nicht existiert."


In seinem Buch erzählt Will die Geschichte, wie er auf der Suche nach etwas Besonderem war, um seine Gäste zu überraschen. Ein Magier schlug Will einen verblüffenden Zaubertrick vor, von dem er sofort fasziniert war. Es hat ihn fast umgehauen, sagt Will, als der Zauberer den Trick beschrieb.


Will wollte wissen, wie der Zauberer den Trick tatsächlich umsetzt. Der Zauberer antwortete zu Will’s Überraschung: "Oh, das weiss ich nicht. Wir müssen es herausfinden".


Viel zu viele Menschen lassen sich von dem einschränken, was sie für machbar, realistisch und vernünftig halten. Will hingegen sagt uns:


"Beginnen Sie mit dem, was Sie erreichen wollen, und beschränken Sie sich nicht auf das, was realistisch oder machbar ist. Oder, wie ich zu sagen pflege: Ruiniere eine Geschichte nicht mit den Fakten."


Formulieren Sie also zuerst, wo Sie hinwollen, und versuchen Sie dann, einen Weg dorthin zu finden.


In diesem Zusammenhang verweist Will Guidara auf ein sehr gutes Zitat von Teller, einem der beiden Magier des berühmten Duos Penn & Teller:


"Manchmal ist Magie einfach nur, dass jemand mehr Zeit auf etwas verwendet, als jemand anderes vernünftigerweise vermuten könnte."


So, das war’s. Ich hoffe ich konnte Sie ein wenig zum Nachdenken anregen und vielleicht auch Inspirieren.


Wenn Sie mir etwas spenden möchten, dann können Sie mir unter www.buymeacoffee.com/stoicpirate einen oder mehrere Kaffees spendieren. Herzlichen Dank an all jene, die dies schon gemacht haben!!!


Ok that’s it

Ich wünsche Euch eine gute Woche und hoffe, dass ihr auch in Zukunft wieder mit an Bord des Schiffs des stoischen Piraten kommen werdet.


Macht es gut! Bis bald!



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