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Gedanken zum Patriotismus


Geziemt es sich in der heutigen Zeit noch patriotisch zu sein? Unterscheidet sich der Patriotismus vom Nationalismus? Können Patrioten auch Weltbürger sein? Was heisst es überhaupt patriotisch zu sein? Dies sind Fragen, die ich mir zum Nationalfeiertag der Schweiz stelle. Zur Beantwortung dieser Fragen nehme ich die Zitate von zehn verschiedenen Denkern zur Hilfe.



Der erste August ist seit 1891 der Nationalfeiertag der Schweiz. Das Datum wird hergeleitet von einem der ersten Verträge zwischen den drei Urkantone Uri, Schwyz und Unterwalden, welche 1291 mittels eins Verteidigungsbündnisses das Fundament für die heutige Schweiz legten.


Die Geburtstagsfeier der Schweiz hat sich zu einem traditionellen und beliebten Volksanlass entwickelt. Egal ob beim reichhaltigen Bauernhofbrunch am Vormittag, beim geselligen Beisammensein im Dorf, oder beim nächtlichen Feuerwerk am See, die Schweizerinnen und Schweizer geniessen die Begehung des Nationalfeiertages.


Landesweit werden in den Gemeinden mehr oder weniger erinnerungswürdige Reden von mehr oder weniger prominenten Politikerinnen und Politiker oder sonstigen Meinungsbildner gehalten.


In einer zunehmend politisch korrekten Welt, in der viel von Inklusion, Rassismus, Diskriminierung u.s.w. gesprochen wird, stellt sich aber zunehmend die Frage, ob man überhaupt noch patriotisch sein darf. Nicht wenige haben bereits mit dem Begriff «Patriotismus» mühe, aus Furcht davor sie könnten als nationalistisch oder gar chauvinistisch wahrgenommen werden.


Für mich stellt sich die Frage, was Patriotismus überhaupt ist. Gibt es eine Abgrenzung zum Nationalismus? Kann man gleichzeitig Weltbürger und Patriot sein?


Meine Meinung ist es, dass es einen klaren Unterschied zwischen Patriotismus und Nationalismus gibt. Ich glaube sogar, dass die beiden diametral zueinanderstehen. George Orwell bezeichnet in seinem Essay «Über Nationalismus» den Patriotismus sogar «als Impfschutz» gegen den Nationalismus.


Im genannten Essay schreibt Orwell: "Nationalismus ist nicht zu verwechseln mit Patriotismus. Beide Wörter werden in der Regel so vage verwendet, dass jede Definition leicht kritisiert werden kann, aber man muss zwischen beidem unterscheiden, da sich dahinter zwei verschiedene, ja sogar gegensätzliche Vorstellungen verbergen. Mit »Patriotismus« meine ich die Verbundenheit mit einem bestimmten Ort und einer bestimmten Lebensweise, die man für die beste auf der Welt hält, aber anderen Menschen nicht aufzwingen möchte. Patriotismus ist von Natur aus defensiv, militärisch wie kulturell. Der Nationalismus hingegen ist untrennbar mit dem Streben nach Macht verbunden. Das dauerhafte Ziel jedes Nationalisten besteht darin, immer mehr Macht und immer mehr Prestige anzuhäufen, nicht für sich selbst, sondern für die Nation oder eine andere Einheit, der er seine Individualität geopfert hat."


Orwell erkennt im Nationalismus die gleichen Charakterzüge, wie in religiösen und politischen Bewegungen, die von ihrer Richtigkeit überzeugt sind, keine Kritik zulassen, sich für unfehlbar und moralisch überlegen halten, nach Macht streben und deren Mitglieder sich durch absolute und unkritische Loyalität auszeichnen.


Orwell setzt deshalb den Kommunismus auf die gleiche Stufe wie den Nationalismus. Aber auch im Pazifismus, im politischen Katholizismus oder anderen Bewegungen erkennt Orwell nationalistische Charakterzüge. Weil diese eine Unbedingtheit an den Tag legen, die keine Alternativen zulassen. So im Sinne: Wer nicht bedingungslos für uns ist, ist gegen uns.


Der Patriot hingegen lässt andere Meinungen und Lebensweisen gewähren. Der Patriot ist gemäss Orwell jemand, der zwar seiner eigenen Lebensweise verpflichtet ist, sie aber nicht absolut setzt. Auch ist Patriotismus «von Natur aus defensiv« und zwar »militärisch wie kulturell«. Der Patriot will keine Macht über andere; für den Nationalisten ist sie konstitutiv, so Orwell.


Patrioten sind in diesem Sinne eigentlich Menschen, die sich für eine Lebensweise einsetzen, die sie als lebenswert erachten. Sei es indem sie diese Lebensweise versuchen zu erhalten oder die Gesellschaft in Richtung dieser Lebensweise zu gestalten. Dies tun Patrioten aber ohne Einsatz der Gewalt, der Manipulation oder des Betrugs. Patrioten ringen für ihre Sichtweise, indem sie versuchen zu überzeugen, indem sie argumentieren, indem sie den anderen zuhören, Andersdenkenden Respekt entgegenbringen und die Anwendung der Gewalt nur als Mittel der Verteidigung gegen gewaltsame Angriffe im Sinne der Notwehr einsetzen.


Patrioten können meines Erachtens nur Menschen sein, die sich einem demokratisch, freiheitlichen Gesellschaftsmodell verpflichtet fühlen. Patrioten sind von Natur aus inklusive und glauben an die Gleichberechtigung und Gleichstellung aller Menschen. Patrioten werten andere Menschen nicht aufgrund ihrer Bildung, ihrer kulturellen Präferenzen, ihrer Hautfarbe, ihres Geschlechts oder der sexuellen Ausrichtung, sondern aufgrund ihres Handelns zugunsten des Gemeinwesens, ihres Einsatzes zugunsten einer toleranten, freiheitlichen, inklusiven und vor allem demokratischen Gesellschaft.


Ein guter Patriot wird man nicht dadurch, indem man am ersten August stolz die Schweizer Fahne schwenkt, ein guter Patriot ist man, wenn man sich tagein tagaus für das Land und die Gesellschaft, an die wir glauben, einsetzt. Nicht indem wir uns bedingungslos dem Kollektiv unterordnen, sondern indem wir unsere individuellen Stärken und Fähigkeiten auch dem Gemeinwohl zur Verfügung stellen. Sei es in der Feuerwehr, in der Schulkommission, in der Armee, im Zivilschutz, in einem gemeinnützigen Verein, als Trainer in einem Sportklub, als Funktionär in einem Verband oder einfach als hilfsbereiter und grossmütiger Mitmensch.


Patriot zu sein, bedeutet nicht Treue und Loyalität gegenüber den Regierenden, es bedeutet hin- und einzustehen für die Gesellschaft und seine Mitglieder. Es bedeutet kritisch gegenüber den Herrschenden zu sein, Eigenverantwortung zu übernehmen und Zivilcourage zu zeigen, wenn es nötig ist.


Echter Patriotismus verträgt sich nicht mit Nationalismus und echte Patriotinnen und Patrioten sehen sich in der Regel auch als Weltbürger.


Es ist meine Meinung, dass es gerade in der heutigen Zeit, in der gewisse unpatriotische und unschweizerische Kreise daran arbeiten die Gesellschaft zu spalten, wichtig ist, dass wir uns in unserer freien, demokratischen und pluralistischen Gesellschaft wieder unserer verbindenden Schweizerischen Werte besinnen und in diesem Sinne wieder patriotischer werden.


Folgend einige inspirierende Zitate zum Thema Patriotismus. Zitate, die uns auch zum Nachdenken anregen sollten.


"Patriotismus bedeutet, zu seinem Land zu halten. Es bedeutet nicht, zum Präsidenten oder einem anderen Amtsträger zu stehen, ausser genau in dem Masse, in dem er selbst zum Land steht. Es ist patriotisch, ihn insofern zu unterstützen, als er dem Land effizient dient. Es ist unpatriotisch, sich ihm nicht entgegenzustellen, wenn er durch Ineffizienz oder auf andere Weise seiner Pflicht, dem Land beizustehen, nicht nachkommt. In jedem Fall ist es unpatriotisch, nicht die Wahrheit zu sagen, sei es über den Präsidenten oder irgendjemand anderen."

Dass das Land und die Gesellschaft höher zu werten sind, als die Regierenden und deren Meinungen ist ein starker Gedanke, der gerade im aktuellen politischen Klima eine besondere Bedeutung hat. Das, was als falsch angesehen wird, zu hinterfragen und dagegen zu protestieren, ist ein Grundprinzip der Demokratie. Es wird wohl auch künftig politische Amtsträger geben, aber wenn diese als unfehlbar angesehen werden, wenn man diese nicht mehr hinterfragen darf, dann hört die Demokratie auf zu existieren.


"Die wohlfeilste Art des Stolzes hingegen ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem damit Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst nicht zu dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen teilt. Wer bedeutende persönliche Vorzüge besitzt, wird vielmehr die Fehler seiner eigenen Nation, da er sie beständig vor Augen hat, am deutlichsten erkennen. Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, darauf er stolz sein könnte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation, der er gerade angehört, stolz zu sein. Hieran erholt er sich und ist nun dankbarlich bereit, alle Fehler und Torheiten, die ihr eigen sind, mit Händen und Füssen zu verteidigen."

Wenn sich ein Mensch allein über die Zugehörigkeit zu einer Nation, einer Partei, einer Organisation oder einer Bewegung definiert und dies der einzige Quell seiner Selbstachtung ist, dann kann man wahrlich von einem «erbärmlichen Tropf» sprechen. Nationalisten, Kommunisten, Marxisten, Antifa, Nazis oder religiöse Fundamentalisten sind nicht selten Menschen, die ein eher schwaches Selbstwertgefühl haben. Menschen, die wenig Selbstvertrauen haben und denen die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die das Kollektiv über das Individuum stellt, ein gewisses Gefühl der Stärke und Zugehörigkeit gibt.


Deshalb ist es meine Meinung, dass man Extremisten nicht pauschal verurteilen und ausgrenzen sollte. Viel mehr sollten man die Voraussetzungen schaffen, dass diese Menschen der Gesellschaft dienlich sein können und dadurch auch Wertschätzung erfahren.


"In jedem Zeitalter war es der Tyrann, der Unterdrücker und der Ausbeuter, der sich in den Mantel des Patriotismus oder der Religion oder beides gehüllt hat, um das Volk zu täuschen und zu verführen."

Immer wieder haben Herrschende und Regierungen die patriotischen Gefühle der Massen angerufen um diese Massen zu mobilisieren oder von etwas zu überzeugen. Wenn die Tyrannen etwas vom Volk wollen, dass sie nicht rational begründen können, dann wird die gewünschte Handlung einfach zur patriotischen Pflicht erklärt. Millionen von Menschen sind in sinnlosen Kriegen gestorben, weil sie bereit waren, diese angebliche patriotische Pflicht zu erfüllen.


Es ist meine feste Überzeugung, dass es unsere patriotische Pflicht ist, besonders kritisch hinzuhören, wenn die Regierenden anfangen den Patriotismus zu beschwören.


"Die Vorstellung, ein Radikaler sei jemand, der sein Land hasst, ist naiv und meist idiotisch. Vielmehr ist er jemand, der sein Land mehr liebt als der Rest von uns und daher mehr als der Rest von uns beunruhigt ist, wenn er sieht, dass das Land verkommt. Er ist kein schlechter Bürger, der zum Verbrecher wird, sondern ein guter Bürger, der durch die Verzweiflung zum Handeln motiviert wird."

Nicht selten werden Menschen, die sich gegen den Zeitgeist und den Mainstream stellen, verunglimpft und als schlechte Menschen oder gar Verräter angeschwärzt. Wer sich gegen Stalin stellte war genauso ein «Feind des Volkes», wie jene, die sich gegen die Nazis zur Wehr setzten. Schweizerinnen, die für das Frauenstimmrecht kämpften wurden als Emanzen bezeichnet und als Gefahr für den Wohlergehen des Landes gesehen. Wer gegen die Einschränkung der Freiheit aufgrund von Sicherheits- und Überwachungsmassnahmen als Folge der Terroranschläge vom 11. September 2001 war, wurde als Verräter bezeichnet. Heute werden kritische Denkerinnen sehr rasch als Rechtsextreme verunglimpft.


Nicht alle Menschen, die sich kritisch äussern und sich zur Wehr setzen sind Spinner und Verbrecher. Meist ist ihr einziges Verbrechen das, dass sie den Status Quo und somit die herrschenden Machtverhältnisse ins Wanken bringen.


"Ich liebe mein Land mehr als jedes andere Land der Welt, und genau aus diesem Grund bestehe ich auf dem Recht, es ständig zu kritisieren."

Patrioten sind kritisch. Sie zeichnen sich dadurch aus, was man als kritische Loyalität bezeichnen kann. Als Patrioten müssen wir selbständig denkende Individuen sein, die nicht blindlings befolgen, was uns vorgekäut wird.


"Wo die Freiheit zu finden ist, da ist mein Land."

Ich liebe dieses Zitat. Es ist nicht eine Staatsgrenze, die definiert, wo ich mich zu Hause fühle, sondern der Grad der Freiheit. Wenn die Freiheit zerstört wird, dann ist es die Pflicht des Patrioten, sich gegen die Zerstörung zu stellen. Echte Patrioten setzen sich ständig für den Erhalt und den Ausbau der Freiheit, der Chancengleichheit im Sinne, dass jeder Mensch die Möglichkeit nach seinem Glück zu streben, ein.


James Pryce, britischer Diplomat 1838-1922

"Patriotismus besteht nicht darin, die Fahne zu schwenken, sondern danach zu streben, dass unser Land nicht nur stark, sondern auch rechtschaffen ist."

Was ist der Wert eines starken Landes, dessen Stärke auf Gewalt, Zensur, Betrug und Unterdrückung baut? Ein solches Land ist wertlos. Patrioten bevorzugen das Leben in einem rechtschaffenen und freien Land, als in einem starken, unfreien Staat.


"Ein Patriot muss immer bereit sein, sein Land gegen seine Regierung zu verteidigen."

Es sind nicht die einzelnen Bürgerinnen und Bürger gewesen, welche für die grössten Verbrechen der Menschheit verantwortlich sind. Es sind die Regierenden, die Gesetzgeber, die Herrschenden, welche die grossen Verbrechen an der Menschheit initiiert und befohlen haben.


Wenn eine Regierung von ihrem rechtmässigen Weg abkommt, sich in eine Tyrannei wandelt, dann ist es die Pflicht der Patrioten sich zur Wehr zu setzen.


"Es ist nicht immer dasselbe, ein guter Mensch und ein guter Bürger zu sein."

Die guten Bürgerinnen und Bürger in Kuba sind jene, die sich nicht an den Aufständen gegen die kommunistische Regierung beteiligen. Die guten Bürgerinnen und Bürger im Nazideutschland waren jene, die mitgemacht oder bereitwillig weggeschaut haben. In Unrechtsregimen landen die guten Menschen in den Gefängnissen, weil sie eben nicht gute Bürgerinnen und Bürger sind.


“Lassen Sie uns also einen neuen Geist des Patriotismus und der Verantwortung wecken, in dem jeder von uns sich entschliesst, sich einzubringen, härter zu arbeiten und nicht nur auf sich selbst, sondern auch auf den anderen zu achten."

Eigenverantwortung als wichtige Eigenschaft eines Patrioten. Nicht nur vom Staat mehr fordern, nicht nur ständig eigene Ansprüche geltend machen und sich permanent als Opfer darstellen, sondern selber anpacken, sich einbringen und die eigenen Stärken der Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen.


Also, fragen Sie sich selbst, sind sie ein guter Patriot, sind sie ein kritischer Bürger, der seine Stärken auch freiwillig zu Gunsten der Gesellschaft zur Verfügung stellt, sind sie bereit für die Freiheit, die Demokratie und die Gerechtigkeit in unserem Land ein- und hinzustehen?



Was denken Sie? Können Sie meine Gedanken nachvollziehen oder haben Sie eine andere Sicht?


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Herzlichen Dank an all die grosszügigen Spenderinnen und Spender!!!




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