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Stoische Strategien zum Glücklichsein


Obwohl uns das Leben nicht immer positiv gesinnt ist, wir manchmal Rückschläge und Enttäuschungen hinnehmen müssen, ist dies noch lange kein Grund unglücklich zu sein. Die Stoiker zeigen uns, wie man auch missliche Situationen als zufriedener Mensch übersteht.


Das Leben ist eine Art Achterbahnfahrt. Jeder Mensch erlebt Hoch und Tiefs. Es gibt Phasen, da läuft alles wie man es sich wünscht, dann, wie aus heiterem Himmel, nimmt unser Lebensweg einen anderen unerwarteten Lauf. Manchmal hat man das Gefühl der glückloseste Mensch auf der Welt zu sein und plötzlich geht es wieder aufwärts. Es gibt auch Momenten da treten Glück und Elend fast gleichzeitig auf, dies sind meines Erachtens die emotional intensivsten Erlebnisse.


Egal, wie sehr wir auch planen, uns Sorgen machen und versuchen sämtliche Vorbereitungen zu treffen um Unglücke zu verhindern, manchmal passieren sie einfach trotzdem. Kein Mensch ist fehlerfrei und kein Mensch kann das Schicksal bzw den Faktor Zufall beeinflussen. Wohl oder übel, wir müssen lernen Rückschläge, unerwartete Situationen und unerfreuliche Überraschungen hinzunehmen und mit diesen umzugehen.


In einem Interview wurde der ukrainische Schwergewichtsboxer Aleksandr Usyk gefragt, was sein Plan für die Zukunft sei. Der Ukrainer setzte sein für ihn typischen Lachen auf und meinte: "Wenn Du Gott zum Schmunzeln bringen willst, dann erzähle ihm von deinen Plänen."


Unser grosses Problem ist, dass wir unsere Zufriedenheit sehr stark vom Erreichen uns gesetzter Ziele abhängig machen. Es ist richtig, dass wir die Zukunft hoffnungsvoll sehen, es ist aber gefährlich, wenn wir unser Glück fest an die Erreichung eines Zieles knöpfen. Je grösser die Erwartung, desto grosser die Enttäuschung. Der Grad der Unzufriedenheit und der Frustration hängt in einem direkten Zusammenhang mit der Erwartungshaltung. Wenn wir uns zB auf die Ferien am Strand freuen und es während dem ganzen Aufenthalt nur regnet, sind wir in der Regel enttäuscht, unzufrieden und verärgert.


Enttäuschung ist nichts anderes, als die negative Diskrepanz zwischen dem Erhofften und dem tatsächlichen Erlebten. Enttäuschung kann sich auf unser psychisches und physisches Wohlbefinden enorm nachteilig auswirken.


Ein extremes Beispiel liefert der Psychologe Viktor E. Frankl in seinem Buch "Trotzdem ja zum Leben sagen" aus seiner Zeit im KZ Türkheim, einem Aussenlager von Dachau. Im Februar 1945 vertraute sich der Blockälteste, ein bekannter Komponist, Frankl heimlich an. Er erzählte ihm von einem Traum, in welchem ihm eine geheimnisvolle Stimme offenbarte, dass die Befreiung des Lagers am 30. März erfolgen werde. Der Komponist war fest von dieser Prophezeiung überzeugt. Die Hoffnung liess ihn körperlich sogar erstarken. Mit der Zeit wurde es aber immer unwahrscheinlicher, dass die Befreiung tatsächlich Ende März erfolgen würde. Am 29. März erkrankte der Komponist plötzlich an hohem Fieber. Am 30. März – also am Tage, an dem gemäss der Prophezeiung die amerikanischen Truppen das Lager hätten befreien sollen – begann der Komponist schwer zu delirieren und verlor schliesslich das Bewusstsein. Am 31. März war er tot. Er war an Fleckfieber gestorben. Der Komponist erlag schlussendlich an den Folgen der Enttäuschung. Die Befreiung Türkheims durch die US Army erfolgte übrigens nur gerade 27 Tage später.


Wir müssen also einsehen, dass unser Leben nicht vollumfänglich planbar ist und der Verlauf unseres Lebens von externen Faktoren und auch Zufällen abhängt. Wir müssen uns auch Bewusstsein, dass wir unser Glück bzw den Wert unseres Lebens nicht vom Erreichen ferner Ziele abhängig machen dürfen.


Jetzt stellt sich die Frage, danach wie man sein Leben angehen soll, damit wir es als sinnvoll und glücklich empfinden. Was ist ein sinnvolles Leben? Was soll ich tun, wie soll ich mich verhalten, um mein Leben sinnvoll zu gestalten?


Der deutsche Philosoph Friedrich Kambertel schrieb dazu: "Das Leben selbst hat einen Eigenwert. Wem es also gelingt, sein Leben um seiner selbst willen zu leben, der erfährt die wahre Lebensfreude. Einen tieferen Sinn gibt es nicht!"


In dieser fast nihilistischen Aussage schwingt eine interessante Überzeugung mit: Ein wichtiges Lebensziel ist Lebensfreude. Diese Überzeugung ist uralt. Bereits für die antiken Philosophen bestand der Sinn des Lebens in der Hauptsache in der Erlangung der Glückseligkeit (eudaimonía) durch eine gelungene Lebensführung.


Es gibt unzählige Strategien aus dem gesamten Spektrum der Philosophie, die wir nutzen können, um unser Leben glücklicher zu gestalten. Ich beschränke mich in der Folge auf einige solcher Strategien aus dem Stoizismus.


Der Stoizismus hat seinen Ursprung rund 300 Jahre vor Christus im alten Griechenland. Der Philosoph Zeno gilt als Urvater des Stoizismus. Er lehrte in Athen in einer der Säulenhalle, einer sogenannten Stoa, von dort rührt auch der Name Stoizismus. Von den griechischen Stoikern sind kaum schriftliche Werke überliefert worden. Aus diesem Grund sind es die späteren römischen Stoiker, welche bis heute den grössten Einfluss hatten. Es sind diese Seneca, Berater des römischen Kaisers Nero, Epiktet, ein ehemaliger Sklave und der römische Kaiser Mark Aurel.

Der Stoizismus erhebt weder den Anspruch, alle Antworten zu haben; noch gibt er vor genau zu wissen, wie man glücklich wird. Vielmehr lehrt uns der Stoizismus, dass wir persönlich für unser Glück verantwortlich sind, und dass es an uns liegt, durch unser Handeln Glück zu schaffen.


Der Stoizismus ist eine praktische Lebenseinstellung, der uns lehrt, die Realität zu akzeptieren, sie anzunehmen und das Beste aus ihr zu machen. Er lehrt uns, Glück eher als einen Prozess zu betrachten, der mit der persönlichen Selbstverbesserung und dem Streben nach unserem höheren Selbst einhergeht.


Folgend nun drei Strategien um zufriedener zu sein


Hören Sie auf, sich über Dinge zu sorgen, die Sie nicht kontrollieren können

„Es gibt nur einen Weg zum Glück und der bedeutet, aufzuhören mit der Sorge um Dinge, die jenseits unseres Einflussvermögens liegen.“ Epiktet


Der Stoizismus basiert auf der grundlegenden Idee, dass wir die Welt um uns herum nicht kontrollieren können, was aber in unserer Macht liegt ist, wie wir auf diese nicht kontrollierbaren Ereignisse, Geschehnisse und Dinge reagieren.


Unsere Unzufriedenheit hat ihren Ursprung nicht selten in äusseren Ereignissen, die wir nicht kontrollieren können. Wenn ich zB in einem Stau stecken bleibe oder der Zug Verspätung hat, dann liegt dies ausserhalb meiner Kontrolle. Sich nun darüber zu enervieren, ist nicht nur Zeit und Energieverschwendung, sondern auch eine Verminderung meiner eigenen Lebensqualität. Was in einer solchen Situation aber in meiner Kontrolle liegt, ist wie ich mit dieser Situation umgehe.


Am 1. März 2018 steckte ich während fast sechs Stunden auf der Autobahn zwischen Lyss und Bern in einem Stau. Wegen Schneefalls kam es zu einem Unfall mit mehreren Lastwagen. Dies brachte den ganzen Verkehr zum Stillstand. Natürlich verpasste ich an diesem Morgen sämtliche Termine, mich aber darüber aufzuregen und deswegen unglücklich zu sein, wäre aber bei genauer Betrachtung völlig absurd gewesen, auch wenn ich wütend geworden wäre, hätte ich nämlich die Termine verpasst. Statt mich darüber aufzuregen, weshalb ich nicht früher abgefahren bin oder eine andere Strecke genommen habe, fokussierte ich auf die Situation im Hier und Jetzt. Die Frage, die man sich stellen muss ist jene danach, wie man eine unerwartete, missliche Lage so gut wie möglich nutzt und was man tun kann, um wieder aus dieser Lage herauszukommen. Was habe ich gemacht. Ich habe während zwei Stunden Telefonate erledigt und anschlieessend fast das ganze Buch "The consolations of Philosophy" von Alain De Botton gelesen. Im Nachhinein war es eine sehr gute Autofahrt.


Folgend einige Quellen für Ärgernisse und Unzufriedenheit, welche wir nicht kontrollieren:

- Unsere Genetik. Was soll ich mich darüber aufregen, wenn es Leute gibt die körperlich oder geistig mir gegenüber gewisse Vorteile haben?

- Unser Körper: Natürlich kann ich gesund essen, ich kann Sport treiben und genügend schlafen. Trotzdem habe ich keine Garantie dafür, dass ich nie krank werde oder nie einen Unfall erleiden werde.

- Unser Ruf: Was immer wir machen, unsere Reputation wird durch andere Menschen gemacht. Wieso es Leute gibt, die uns sympathisch oder unsympathisch finden, uns als dumm oder intelligent, arrogant oder bescheiden, lustig oder peinlich einschätzen, liegt ausserhalb unserer Macht. Wir können zwar versuchen die anderen positiv zu beeinflussen, erzwingen können wir aber gar nichts.

- Unsere Eltern, Geschwister und Kinder. Wir können uns unsere Blutsverwandten nicht auswählen. Es sind Menschen mit einem eigenen Willen, die eigene Überlegungen machen und allenfalls Entscheide treffen, die uns nicht passen.

- Unsere Vorgesetzten: Wir können nicht kontrollieren, wie diese über uns denken oder wie diese Entscheiden. Natürlich können wir versuchen, diese durch unser Verhalten und handeln zu beeinflussen. Entscheiden tun aber schlussendlich sie und nicht wir, ob es uns nun passt oder nicht.

- Die Vergangenheit: Was immer geschehen ist, ist geschehen.

- Die Zukunft. Alles was wir tun können, ist versuchen in der Gegenwart günstige Voraussetzungen für die Zukunft zu schaffen.

- Das Wetter;

- Die Wirtschaft;

- Die Politik;

- Usw.


Seien wir ehrlich, bei genauer Betrachtung müssen wir eingestehen, dass unsere Unzufriedenheit zu einem grossen Teil dadurch verursacht wird, dass wir meinen, Dinge kontrollieren zu können, die wir eben nicht kontrollieren können. Natürlich können wir etliche Lebensbereiche, Menschen oder die Umwelt beeinflussen, die Kontrolle haben wir aber nicht.


Ein Bogenschütze kann alles perfekt machen, er kann perfekt hinstehen, er kann perfekt zielen, er kann den Bogen perfekt spannen, perfekt atmen und perfekt loslassen. Sobald der Pfeil abgeschossen ist, hat der Bogenschütze aber keine Kontrolle mehr über den Pfeil. Ein Windstoss reicht, und der Pfeil verfehlt sein Ziel.


Um glücklich zu sein, müssen wir also lernen zu akzeptieren, dass es ganz viele Dinge gibt, die wir einfach nicht kontrollieren können. Wieso bin ich wütend, wenn ich zum Beispiel ein Schachspiel verloren habe? Dass mein Gegner besser ist, als ich, liegt ausserhalb meiner Kontrolle. Was aber in meiner Macht liegt, ist was ich nun aus dieser Niederlage mache. Wie ich das Spiel analysiere, welche Lehren ich daraus ziehe und wie ich mich auf die nächste Begegnung vorbereitet.


Die Stoiker sind der Ansicht, dass die einzigen zwei Dinge, über die wir absolute Kontrolle haben, unsere Gedanken und unsere Handlungen sind.


"Einige Dinge stehen in unserer Macht, andere hingegen nicht. In unserer Macht sind Urteil, Bestrebung, Begier und Abneigung, mit einem Wort alles das, was Produkt unseres Willens ist. Nicht in unserer Macht sind unser Leib, Besitz, Ehre, Amt, und alles was nicht unser Werk ist." Das die Aussage von Epiktet.


Das zeigt, dass die Stoiker keine Fatalisten sind, welche das Schicksal einfach hinnehmen, sie sind aber auch nicht Menschen, welche mit dem Schicksal hadern. Die Stoiker akzeptieren die Realität und versuchen jeweils das Beste aus einer herrschenden Situation zu machen. Der Stoiker ist sich bewusst, dass er die Welt um ihn herum nicht kontrollieren kann. Er weiss aber auch, dass er die Beurteilung der Welt und seine Reaktionen darauf bzw seine Handlungen, kontrollieren kann.


Unvermeidlich werden im Leben Dinge passieren, die wir nicht kontrollieren können, aber es ist unsere Wahrnehmung der Ereignisse, gefolgt von der Art und Weise, wie wir auf sie reagieren, die diese Dinge gut oder schlecht machen.


Der Stoiker versucht aus jeder noch so misslichen Situation eine gute Situation zu machen. Ganz im Sinne von "ich verliere nie, entweder ich gewinne oder ich lerne". Echte Beispiele aus dem Leben sind Louis Ferrante oder Malcom X die sich beide während ihrem Gefängnisaufenthalt autodidaktisch bildeten. Der ehemalige Mafiosi Ferrante ist heute ein erfolgreicher Autor, Filmemacher und gefragter Referent. Malcolm X legte im Gefängnis den Grundstein für sein Engagement in der Bürgerrechtsbewegung.


Wir müssen also lernen, zwischen dem zu unterscheiden was wir kontrollieren können und was nicht. Unsere Entscheidungen, unsere Urteile und unsere Emotionen sollten sich rein auf jene Dinge beschränken, die wir kontrollieren können.


Akzeptanz unseres Daseins

Eine weitere stoische Strategie ist es, uns unsere relative Unwichtigkeit bewusst zu werden. Die Welt dreht sich nicht um uns. Marcus Aurelius schreibt in seinen "Meditationen" immer wieder über die Weite des Universums und die Unendlichkeit der Zeit, um damit sein eigenes Leben in einen grösseren Zusammenhang zu stellen.


Unser Leben ist nur ein Augenblick, wenn man es in diese kosmische Perspektive stellt. Warum sollten wir angesichts unsere im Gesamtrahmen gesehenen Bedeutungslosigkeit erwarten, dass das Universum gerade uns das liefert, was wir uns wünschen? Im Gegenteil, es wäre absurd zu erwarten, dass sich das Universum oder das Schicksal sich nach unserem Willen richtet.


Epiktet drückte es wie folgt aus: " Begehre nicht, dass die Sachen so geschehen, wie du es willst, sondern wünsche vielmehr, dass alles was geschieht, so geschehe, wie es geschieht, dann wirst du glücklich sein."


Nehmen wir uns also nicht zu ernst, wir sind nicht das Zentrum des Universums. Werden wir uns bewusst, dass alle Menschen mit Problemen und Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Wir sind keine Ausnahme und wir sind in der Regel auch nicht besonders bemitleidens- oder bewundernswert.


Wenn Sie vom Leben also erwarten, dass es Ihnen das liefert, was Sie sich wünschen, dann werden sie unweigerlich enttäuscht und frustriert werden. Wenn Sie aber jedes Ereignis, jeden Schicksalsschlag akzeptieren, diesen umarmen und diesen als Teil ihres einzigartigen Lebensweges betrachten, dann werden Sie daran wachsen. Egal was Ihnen das Leben für Herausforderungen bringt, mit dieser Einstellung werden sie definitiv zufriedener und erfolgreicher werden.


Erfreuen Sie sich an dem was Sie haben

Eine der wichtigsten Lektionen im Stoizismus ist es, zu lernen, weniger zu wollen. Die meisten Menschen glauben, dass Glück durch das Erlangen von irgendetwas entsteht. Wir glauben, dass Glück darin besteht, mehr Erfolg, mehr Geld, mehr Ruhm, mehr Diplome, mehr Zeit oder mehr Besitztümern zu haben. Das Problem aber ist, dass es genau dieses Verlangen nach Mehr ist, das unser Leben unzufrieden machen kann. Es besteht nämlich die Gefahr, dass wir zu Sklaven unserer eigenen Wünsche werden.


Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich plädiere hier nicht für ein asketisches minimalistisches Leben ohne jeden Luxus und ohne Ambitionen. Es ist absolut richtig, bestimmte Dinge zu wollen, es ist auch gut, Träume zu haben und Ziele zu verfolgen. Es ist meines Erachtens sogar unsere Pflicht, danach zu streben, unsere Lebensumstände zu verbessern und zu versuchen unseren Liebsten ein komfortables und möglichst sicheres Leben zu bieten.

Es geht mir viel mehr darum, dass wir die richtigen Sachen begehren, dass wir uns fragen, was wir wirklich brauchen und wollen, und weshalb wir es wollen. Wollen wir es, weil es unser Leben besser macht, oder weil wir andere beeindrucken wollen?


Es geht auch darum, Wertschätzung für das zu entwickeln, was wir bereits haben. Wir müssen uns bewusst sein, dass sämtliche Dinge, die wir uns beschaffen auch wieder verloren gehen können. Wer sein Glück also von Besitztümern, von Ruhm und Ehre, von Titeln oder von einer Funktion abhängig macht, läuft Gefahr sehr unglücklich zu werden, wenn er diese Dinge verliert. Wer sein Glück an Dinge knüpft, die er noch nicht hat, wird ebenfalls nie glücklich werden. In diesem Sinne zieht Seneca die Schlussfolgerung, dass "den grössten Reichtum hat, wer arm an Begierden ist."


Wenn wir also lernen, dass zu schätzen, was wir bereits haben, dann trägt dies wesentlich zu unserer persönlichen Zufriedenheit bei. Schauen wir doch mal herum und werden uns dem bewusst, was wir haben. Wir sind viel reicher, als wir es vermuten, wir müssen diese Reichtümer aber erkennen. Nicht selten, wird man sich diesen erst bewusst, wenn man diese verloren hat.


Der Psychologe Frankl schreibt in seinem Buch mit dem Titel "Trotzdem ja zum Leben sagen" über seine Zeit in verschiedenen Konzentrationslagern über die Dankbarkeit für die kleinen Schönheiten im Leben: "Und auch noch im Lager, bei der Arbeit, macht der eine oder andere den neben ihm schuftenden Kameraden gelegentlich einmal auf ein prächtiges Bild aufmerksam, das sich seinen Blicken bieten mag – etwa mitten im Bayerischen Wald, zwischen dessen hohen Baumstämmen vielleicht gerade die untergehende Sonne hindurchleuchtete, wie in dem bekannten Aquarell von Dürer."


Die Gefahr besteht, dass wir Dinge, die wir uns einst erträumt haben und nun besitzen, für selbstverständlich nehmen. Dazu gehören zum Beispiel unsere Arbeit, unser Auto, unsere Fitness, unser Haus aber auch unsere Freunde, unsere Partnerin oder Partner oder auch unsere Kinder. Wenn es uns nun gelingt, uns diese Dinge zu wünsche, die wir bereits haben, diese Dinge also nicht für selbstverständlich zu betrachten, dann ist dies ein Schlüssel zum glücklich sein.


Damit sie nicht in die Falle der "Selbstverständlichkeit" tappen, brauchten die Stoiker eine Technik, die man heute als "negative Visualisierung" bezeichnet. Seneca, Epiktet und Marcus Aurelius raten, dass wir uns regelmässig Zeit nehmen, um uns vorzustellen, wie es wäre, wenn wir die Dinge die uns am Herzen liegen verloren hätten. Wenn wir uns vorstellen, wie es wäre, wenn uns unser Ehepartner verlässt, wir unsere Arbeit verlieren, wir plötzlich den in Aussicht gestellten Job nicht bekommen, wir wieder aus dem Nationalkader fliegen, wir unser Haus verlieren würden, plötzlich erkranken oder verunfallen würden etc. , dann lernen wir den aktuellen Zustand zu schätzen.


Marcus Aurelius machte jeden Morgen eine negative Visualisation: "Sage zu dir in der Morgenstunde: Heute werde ich mit einem unbedachtsamen, undankbaren, unverschämten, betrügerischen, neidischen, ungeselligen Menschen zusammentreffen." Durch einen negativen Blick in die Zukunft, wird nicht nur die Gegenwart umso erfreulicher, sondern man beeinflusst auch die Erwartungshaltung. Wenn ich die Zukunft nur durch die rosa Brille sehe, dann laufe ich Gefahr enttäuscht zu werden, was wiederum meine Zufriedenheit beeinträchtigt.


Die Stoiker waren übrigens keine Pessimisten, im Gegenteil, sie schützten sich lediglich vor den Enttäuschungen eines unrealistischen Optimismus.


Eine weitere Übung, um das wertzuschätzen, was man hat, ist es, bewusst ab und zu darauf zu verzichten. Duschen sie zum Beispiel einmal pro Monat mit kaltem Wasser, gehen sie zu Fuss zur Arbeit, waschen sie die Wäsche einmal von Hand, beschränken sie ihr Budget für eine Woche auf 50 Franken, essen sie einmal pro Monat während einem Tag nichts etc.


Es ist meine feste Überzeugung, dass das Gefühl der Zufriedenheit stark durch unsere Einstellung, unser Denken und unsere Wertung unseres Lebens abhängt. Es sind weniger die äusseren Umstände, welche uns glücklich oder unglücklich machen, als vielmehr unsere Bewertung dieser äusseren Umstände.


Wenn wir uns bemühen, uns auf jene Sachen zu konzentrieren, die wir kontrollieren können. Unser jetziges Dasein akzeptieren, aufhören mit dem Schicksal zu hadern und versuchen das Beste aus einer Situation z machen und anfangen das Wertzuschätzen, das wir haben, statt nach dem zu begehren, was wir noch nicht besitzen, dann haben wir einen grossen Schritt in Richtung eines zufriedeneren Lebens gemacht.


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